Muster Feststellungsklage
Kampfmittel des Verbrauchers gegen wirtschaftliche übermächtige Gegner – Ausführungen von Rechtsanwalt Dr. Thomas Schulte, Berlin.
Was ist die Problemstellung?
Ein Unternehmen hat häufig viele Kundenkontakte. Wenn das Unternehmen rechtswidrig z.B. zu hohe Gebühren nimmt passiert regelmäßig folgendes: Kunden ärgern sich, sind aber machtlos. Fast niemand klagt wegen ein paar Euro wegen Handyverträgen, kaputten Kaffeemaschinen oder ähnliches. Rechtsanwälte wollen auch nicht für ein paar Euro zu Gericht laufen. Für Unternehmer lohnt sich aber jeder Euro. Wer wie manche Millionen Verbraucher als Vertragspartner hat, der kann so Millionen einstecken.
Wie kann man sich trotzdem wehren?
Der Gesetzgeber hat gehandelt und die Muster Feststellungsklage als Kampfmittel des Verbrauchers gegen wirtschaftliche übermächtige Gegner erfunden.
Was ist ein aktuelles Beispiel einer Muster Feststellungsklage?
Beim Oberlandesgericht Hamburg klagt der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hat gegen die EOS Investment GmbH.
Was ist der Vorwurf?
Gebührenschinderei. Anstatt als Otto Konzern selber die Forderungen einzutreiben, werden diese an den konzerneigenen Inkassodienstleister der Otto Group weitergereicht. Dann entstehen Inkassogebühren, die laut Muster Feststellungsklage unzulässig sein dürften, sagt die Klägerin, die sozusagen für alle Betroffenen klagt. Otto erhöht z.B. eine Rechnung um Inkassogebühren durch die Nutzung von zwei Firmen, die alle zum Otto Konzern gehören. Der Schaden soll so 70 € pro Kunde sein.
Vorwurf zu hohe und nutzlose Inkassokosten produziert. Wie kann die Muster Feststellungsklage helfen?
In dem Verfahren will der Verbraucherzentrale Bundesverband klären, dass Inkassodienstleistung kann nicht von „verbundenen Unternehmen“ erbracht werden dürfen. Das sei unzulässiges rechte Tasche in linke Tasche verschieben. Konkret geht es um die Auslegung des Rechtsdienstleistungsgesetzes. Ein einzelner würde wegen 70 € nicht klagen, ein Verband schon.
Was ist also eine Muster Feststellungsklage?
Die Klageform gibt es seit 2018. Klagen dürfen Verbraucherverbände, die staatlich überwacht und zugelassen sein müssen. Diese klären dann vor dem Gericht eine grundsätzliche Frage – wie Inkassokosten. Beginnen darf der Verband wenn er zehn Opfer gesammelt hat, dann wird das Klageprojekt veröffentlicht und wenn sich dann weitere 50 Personen melden, geht es los.
Was ist die bekannteste Klage bisher?
Die Klage gegen Volkswagen vor dem Oberlandesgericht Braunschweig. Dort hatten sich 260.000 Verbraucher angeschlossen. Es wurde ein Vergleich geschlossen.
Es gibt auch noch die Klage vor dem OLG Dresden gegen Sparkasse Leipzig in erster Instanz erfolgreich. Hier verlangen 950 Kläger über einen Verband eine Zinsberechnung nach ihrer Auffassung. Das Verfahren ist jetzt beim Bundesgerichtshof anhängig.
Wie geht es mit den Klagen weiter? Gesetzgeber nicht untätig, oder?
Die Europäische Union hat im November 2020 beschlossen, dass europaweite Sammelklagen zulässig sein sollen. Das muss allerdings umgesetzt werden in den einzelnen Staaten.
Was sind Kritikpunkte an dem Muster Feststellungsverfahren?
Das Problem kommt, wenn sich das verklagte Unternehmen nicht freiwillig an den Urteilsspruch hält. Dann muss von jedem Verbraucher erneut geklagt werden. Das dauert und ist teuer und aufwendig.
Wie geht es bei der Otto Klage jetzt weiter?
Der Verband hatte 15 Betroffene gefunden. Jetzt ist das Verfahren auf der Internetseite des Bundesamts für Justiz einsehbar. Es müssen sich 50 Personen binnen zwei Monaten anschließen. Dann läuft das Gerichtsverfahren und das Oberlandesgericht und vielleicht der auch der Bundesgerichtshof klären die Fragen ob es unzulässige Gebührenschinderei ist oder nicht. Wenn die Rechtsfrage geklärt ist, kommt es darauf an, ob sich das Unternehmen – falls der Rechtsstreit verloren geht – daran hält. Ansonsten muss jeder Verbraucher, der seine Gebühren wieder haben will, erneut klagen.
V.i.S.d.P.:
Rechtsanwalt Dr. Thomas Schulte
Kontakt:
Rechtsanwaltskanzlei Dr. Thomas Schulte
Malteserstraße 170
12277 Berlin
Telefon: +49 30 221922020
E-Mail: valentin.schulte@dr-schulte.de
Die Kanzlei Dr. Schulte Rechtsanwälte ist seit 1995 erfolgreich zivilrechtlich schwerpunktmäßig auf dem Gebiet des Internets-, Reputations- und Wettbewerbsrecht tätig. Sie vertritt bundesweit die Interessen einzelner Anleger. Ergänzende Absenderangaben mit dem Kanzleistandort finden Sie im Impressum auf der Internetseite www.dr-schulte.de.
PRESSEKONTAKT
Dr. Schulte Rechtsanwalt
Dr. Thomas Schulte
Malteserstrasse 170
12277 Berlin
Website: https://www.dr-schulte.de
E-Mail : dr.schulte@dr-schulte.de
Telefon: 030 22 19 220 20
Telefax: 030 22 19 220 21